„TOPES“ Bodenwellen in Mexico, Grafiken und Terrakotten 1998
Die in Mischtechnik – teils in Verbindung mit Fotografie –hergestellten Arbeiten auf Papier, die Druckgrafiken und Terrakotten der Künstlerin zeigen von spielerisch-kreativer, nichtsdestoweniger kritischer Auseinandersetzung mit der mexikanischen Kultur, deren ‚topes‘ – Hindernisse, Hürden, Schwellen, Widerstände – sie selbst sensibel nachempfunden und zum Teil anläßlich ihrer Studienreisen in diesem faszinierenden geschichtsträchtigen Land auch selbst erlebt hat.
Im Zentrum der Thematik dieser Ausstellungen stehen Leben und Tod, und zwar nicht die bekümmerte Vanitas-Lamoryanz, nicht die Tragik des Todes als Einzelschicksal, sondern seine von der Natur geforderte Notwendigkeit und auch seine von Menschen geforderte Notwendigkeit im Willen zur Unterdrückung einerseits und im Willen zum Überleben und zum Sieg über soziale Ungerechtigkeit andererseits. Insofern erscheint in den Arbeiten der Künstlerin das menschliche Leben als – durchaus mit Humor vollzogenes – nimmermüdes Strampeln, teils sogar als Sisyphos -Arbeit, als permanentes selbstverständlich gewordenes Überwinden von ‚topes‘, von Hindernissen und Schwellen, mit der dazugehörigen ‚Schwellen‘-Angst, wobei die alten Götter, Ideale, Systeme, Gedankengebäude, usw. gestürzt werden, neue Idole erscheinen und wieder anderen weichen müssen, – ein uraltes Wechselspiel, das ständig freudige, schmerzliche, stressige Veränderung bedeutet, oft genug Kampf und Blut kostet, jedenfalls und wie auch immer mit dem Tod endet.
Der Betrachter wird sich der Allgemeinheit des mit bemerkenswerter künstlerischer Ausdruckskraft gestalteten Themas, das sich aus der intensiven Beschäftigung mit mexikanischer Archäologie, Geschichte und Literatur entwickelt hat, und sich auf die mexikanische Kultur zu konzentrieren scheint, gewahr. Und er wird sich der vermittelten Ambivalenz gleichzeitiger – keineswegs verniedlichender – Erheiterung und Beklemmung kaum entziehen können.
Maria-Luise Leitner